Es war eine schwierige Geburt bis die Kinks “Lola” endlich veröffentlichen konnten. Am 4. Juli schafft der Song dann endlich den Einstieg in die Britischen Charts.
The Kinks – Lola
15.02.1944, Schlagzeuger Mick Avory kommt in London zur Welt.
03.06.1970, Kinks-Sänger Ray Davies aus New York zurück nach London gerufen. Er gehorcht und nimmt einen 6.000 Meilen-Tripp auf sich, um beim neuen Titel der Band ein Wort neu einzusingen.
07.06.1970, “Lola” wird in Europa veröffentlicht.
12.06.1970, Nun kann “Lola” mit neuen Text auch in England veröffentlicht werden.
04.07.1970, “Lola” steigt in die Britischen Charts ein.
15.08.1970, “Lola” steigt in die Deutschen Charts ein.
02.09.1970, “Lola” ist nun auch in der Schweizer Hitparade zu finden.
19.09.1970, “Lola” steht auf Platz 1 in den Niederlanden.
15.10.1970, “Lola” klettert auf Platz 2 in Deutschland.
27.11.1970, die Kinks veröffentlichen das Album „Lola versus Powerman and the Moneygoround, Part One“
Erinnert ihr euch noch an die Feten, auf denen man nach dem damaligen Nummer 1-Hit der Kinks „Lola“ eng mit einem Partner getanzt hat? Ganz ehrlich, habt ihr damals gewusst, um was es in diesem Lied geht oder ist es euch auch erst bei der deutschen Version von Heinz-Rudolf Kunze bewusst geworden.
In „The Kinks: Official Biography“ erzählt der Autor die wahre Geschichte, die hinter dem Typen steckt, der „Lola“ in einem Club anspricht und es soweit kommt, dass beide anschließend zu ihm nach Hause gehen. Dort muss besagter Erzähler dann feststellen, dass er nicht eine attraktive Frau, sondern einen Mann aufgerissen hat. Es ist die Geschichte des Kinks-Managers, der sich in einem Club hat voll laufen lassen und eine Frau – oder eben nicht – auf der Tanzfläche anbaggerte. Sie müssen ganz verliebt getanzt haben und der Manager nahm seine Eroberung mit nach Hause. Ein wenig Kuscheln und schon war er eingeschlafen. Am Morgen war das Kuscheln dann wohl weniger angenehm, denn über Nacht sprießen die Bartstoppeln.
Eine zweite Version über die Entstehung von „Lola“ wird von Kinks-Schlagzeuger Mick Avory erzählt. Er besuchte Ende der 60er Jahre häufig eine Transvestiten-Bar in West-London und erzählte den Bandmitgliedern davon. “Wir kannten damals bereits einen Typen namens Michael McGrath. Er wurde Fan der Band, weil ihm der Bandname gefallen hat. Da er Publizist war, liefen wir uns bei den Auftritten in der Show ‘Top Of The Pops’ über den Weg. Er lud mich zu all diesen Drag-Queen-Acts und in die transsexuellen Pubs ein, die zu dieser Zeit noch geheim waren. Als Ray dann wenig später mit in einen Club kam, habe ich mich betrunken und Ray hat ‘Lola’ geschrieben.“
Dadurch hält sich bis heute in England das Gerücht, dass das Lied über ein vermeintliches Date zwischen Ray Davies und Candy Darling geschrieben wurde. Ray Davies bestreitet das Gerücht und erklärt, dass er mit Candy Darling nur zusammen gegessen hat. Trotzdem servierte er dem Q-Magazin in einem Interview 2016 eine dritte Version. Da war er es dann selbst, der sich in eine schöne Blondine in Paris verguckt hatte und mit ihr die ganze Nacht durch tanzte. Als die beiden dann aus dem Club ins Tageslicht kamen sah Ray Davies, dass er sich in einen Transvestiten verguckt hatte, bei dem bereits die Bartstoppeln zu sehen waren.
„So eine Geschichte muss doch erzählt werden“, erklärt der Sänger und Komponist, „also habe ich ‘Lola’ geschrieben, ein wenig abgewandelt, um es lyrisch interessanter zu gestalten.“ Das war auch gelungen und die englisch sprechende Welt war sich einig, dass die Kinks ihrem Bandnamen mal wieder gerecht wurden. The Kinks werden schließlich mit „k“ in der Mitte geschrieben und sind somit keine Könige, sondern kinky. Übersetzt kann es „schrullig“, „ausgeflippt“ aber auch mit „pervers“ übersetzt werden. Beim angesprochenen Thema wäre es 1970, das Jahr in dem „Lola“ veröffentlicht wurde, ganz gewiss „die Perversen“ gewesen. Wahrscheinlich wäre eine deutsche Version damals nicht im Radio gespielt worden.
Der Song wurde in Deutschland der größte Erfolg der Band um die beiden Brüder Ray und Dave Davies. So richtig grün waren sich die Brüder auch nicht. „Lola“ sorgte wohl intern für weiteren Zwist. Dave, dem mit “Death Of A Clown” 1967 ein Solo-Hit gelang, behauptet, dass er einen Teil der Komposition verdient hätte, schließlich hat er das Riff des Titels entdeckt, als er auf den offenen Saiten seiner Gitarre gespielt hat. Ray hat diese Idee einfach als seine interpretiert und wird als alleiniger Komponist und Texter für „Lola“ geführt. Beim großen Erfolg des Songs ist es also kein Wunder, dass der kleine Bruder sauer war.
Ärger gab es nicht nur intern, sondern auch mit der British Broadcasting Company, dem Sender, den wir nur als BBC kennen. In der Originalversion hieß es
I met her in a club down in old Soho
Where you drink champagne and it tastes just like
Coca Cola
C-O-L-A Cola
Der Sender weigerte sich, den Song zu spielen, weil er den Markennamen Coca-Cola enthält. Deshalb musste Ray Davies dieses eine Wort ändern in Cherry Cola. Das war nicht eben mal gemacht, denn der Sänger der Kinks befand sich zu diesem Zeitpunkt gerade in den Vereinigten Staaten – wo der Song 14 Tage später erscheinen sollte – um „Lola“ zu promoten. Das geschah deshalb, weil sich Ray Davies einfach sicher war, dass dieser Song ein Hit werden würde und er ihn entsprechend promoten musste. Er plante also Zeiten für die Heimat England und die USA ein.
„Meine einjährige Tochter hat bei ‘Lola’ sofort beim ‘La La La’ mitgesungen“, erklärte der Kopf der Band seine Prophezeiung, „wenn ein kleines Kind sich von der Melodie angesprochen fühlt, dann wird es ein Hit!“ Victoria, das ist besagte Tochter – eine von vier Töchtern des Komponisten – und der Herr Papa lagen bekanntlich genau richtig. Für das eine Wort musste Ray Davies aus den USA über Nacht nach London fliegen, um kurz „Cherry Cola“ in der passenden Tonlage zu singen, und sofort wieder über den großen Teich zurück zu fliegen, um seine Promotion-Tour einzuhalten. Viel Mühe für viel Erfolg.
Ähnlich verrückt stellte sich die BBC auch bei der Nachfolge-Single „Apeman“, für die wir bereits die Song-Geschichte geschrieben haben, an. Beide Songs sind auf dem Album „Lola versus Powerman and the Moneygoround, Part One“ zu finden. Auf dem Album schmeckt „Lola“ der Champagner wieder nach Coca-Cola.
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