“So weit…“
Peter Maffay offen und nahbar wie nie
Das neue Album wird am 17. September veröffentlicht.
Die Pandemie machte die Vorgaben. Die Band stand im Lockdown. „Do it yourself“ – das scheint sich daraufhin Peter Maffay gesagt zu haben, als er sich entschied, unter Corona-Bedingungen Musik zu schreiben und zu produzieren. „Auch wenn der Lockdown und ich bestimmt keine Freunde werden, so haben diese Umstände mir doch erlaubt, einen alten Traum zu verwirklichen“, so Peter Maffay.
Niemals zuvor komponierte er alle Songs eines Albums selbst, nie spielte er die Titel mit nur einem weiteren Musiker ein, nämlich mit dem niederländischen Multiinstrumentalisten J.B Meiers. Sämtliche Texte stammen von Johannes Oerding und dessen Kreativ-Partner Benni Dernhoff. Bei zwei Texten wirkte zusätzlich Peter Maffays Lebensgefährtin Hendrikje Balsmeyer mit.
Die gemeinsame Arbeit darf man sich wie eine Art Boys-Camp vorstellen. Während die einen im Studio 2 in Tutzing an den Arrangements feilten, suchten die anderen im Nebenraum nach den richtigen Worten. „Oft reichte Johannes ein Blatt Papier mit ein paar Zeilen ins Aufnahmestudio und sagte: `Versuch es mal damit und sag´, ob es gut ist für Dich.´ Es waren Wochen hochkonzentrierter Arbeit, aber es war auch ein großer Spaß,“ so das Resümee.
Das Ergebnis heißt „So weit“ und ist ein Studioalbum wie man es von Peter Maffay bisher nicht kannte. Im Stil populärer Singer-Songwriter zeigt sich der Musiker offen und nahbar wie nie. In elf Songs thematisiert er die innigsten Beziehungen in seinem Leben wie die zu seinen Kindern und zu seiner Partnerin, beschreibt Momente, die ihn geprägt haben und Zeiten, in denen er Zeit verschwendet hat.
Wenige Instrumente bestimmen den Sound und dabei stets weit im Vordergrund Peter Maffays charakteristische, unverwechselbare Stimme. So reduziert die Machart des neuen Albums ist, so reich, so autobiographisch ist seine musikalische und inhaltliche Kraft.
Der erste Titel „Jedes Ende wird ein Anfang sein“ beschreibt den Kreislauf des Lebens, handelt von Kommen und Gehen, Zukunft und Vergangenheit – Themen, mit denen sich Peter Maffay intensiv beschäftigt, denn seine kleine Tochter Anouk entdeckt die Welt, die sein Vater Wilhelm gerade verlassen hat: „Wenn der Vorhang fällt, geht ein anderer dafür auf, eine Hoffnung stirbt leise, ein neues Leben schreit laut“.
Seinem Vater widmet Peter Maffay zudem ein eigenes Lied: „Wenn wir uns wiedersehen“, ein emotionaler Song, zurückhaltend mit Bass, Gitarre, Schlagzeug und Keyboards instrumentiert, der mit seinem beinahe lyrischen Refrain nicht Trauer, sondern Zuversicht verbreitet: „Wenn wir uns wiedersehen, uns gegenüberstehen, haben wir endlich mal für uns unendlich Zeit.“ Zu jedem Song hat Peter Maffay ein persönliches Foto ausgesucht und handschriftlich betitelt. In diesem Fall zeigt es Vater und Sohn mit einem Motorrad inmitten eines leuchtend gelben Rapsfeldes, beide mit hochgestrecktem Daumen, Ausdruck purer Freude. Das Motorradfahren verband die beiden Männer bis ins hohe Alter von Wilhelm Makkay.
Mit „Woundeed Knee“ bringt Peter Maffay durch Akzente aus dem Country-Folk die Weite des amerikanischen Kontinents zum Klingen. Der Song soll an das Massaker von Wounded Knee in South Dakota erinnern, wo im Jahr 1890 Hunderte Sioux-Indianer von der US-Kavallerie ermordet wurden. Peter Maffay war mit seinem Freund, dem Lakota-Indianer Leonard Little Finger an diesem symbolträchtigen Ort. Die Melancholie des Platzes hat Peter Maffay nachhaltig berührt, so sehr, dass er sie auf diesem Album als Wegmarke auf seinem Lebenstrip festhalten wollte.
Mit einer rockigen Nummer bekommt der Lockdown sein Fett weg. Im „Lockdown-Blues“ singt sich Peter Maffay seinen Frust von der Seele. Zur Untätigkeit verurteilt zu sein, das ist nicht sein Ding. Vielmehr entspricht seinem Wesen: „Weiter – Weil vorwärts meine Richtung ist!“ „Weiter“ ist die zweite Rock-Nummer auf dem Album.
Manche Bilder vergisst man nicht. Das Foto des toten syrischen Flüchtlingsjungen Aylan am Strand von Bodrum gehört dazu. Es ist ein Bild, das um die Welt ging. Der Dreijährige war mit seinen Eltern aus dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen. Peter Maffays Lied „Odyssee“ ist ein musikalisches Mahnmal.
Ein Titel von dem Peter Maffay sagt, dass er ihm sehr viel bedeutet, ist „Wann immer“, ein Versprechen an seine Kinder: „Und ich will, dass Du weißt, dass Stolpern, Fallen, Tränen, Aufsteh’n Leben heißt. Und wenn es Dich zerreißt, ich, Vater, Freund und Dein Zuhause bleib’.“
„Ich bat J.B. Meiers, das Klavier einzuspielen, denn er ist ein großartiger Pianist“, erzählt Peter Maffay. „J.B. lehnte ab und bestand darauf, dass ich es selbst mache. Er meinte, das sei authentischer. Ich habe dann wie ein Verrückter geübt, bis ich den Song schließlich in einem Rutsch fehlerfrei spielen konnte.“
Das Album „So weit“ stellt die zentrale Frage an das Leben „Was ist wirklich wichtig?“ Über die Entstehung in unsicheren Zeiten schreibt Peter Maffay in einem Geleitwort: „Songs und Texte, ein Spiegelbild der eigenen Befindlichkeit. Ich wollte mich entlasten, Dinge aussprechen, die mich berühren, mich zu den Empfindungen bekennen, sie zulassen, um die Aufgewühltheit und die innere Unruhe zu überwinden.“
Dabei war für dieses Jahr keine Albumveröffentlichung vorgesehen. „Die schönsten Dinge passieren unerwartet“, das gilt für das Album, mit dem weder die Fans noch Peter Maffay selber gerechnet haben. Das gilt aber auch für seine Lebensgemeinschaft mit seiner Partnerin Hendrikje, die er im letzten Song „Wir zwei“ würdigt: „Wir hab‘n das alles hier nicht kommen seh’n“ heißt es da. „In einem Lied über mein Leben bist Du die Zeile, die noch fehlt.“
„So weit“ – so gut!
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