Am 28. Dezember 2016 verabschiedete sich Knut Kiesewetter von der Bühne des Lebens. In seiner Musik lebt der am 13. September 1941 in Stettin (heute Polen) geborene Sänger weiter. Er war dem Norden und der See immer treu. Das machte sich auch in seiner Musik bemerkbar, aber er konnte auch ganz anders.
Erinnerungen an Knut Kiesewetter
Blues und Jazz
Bereits als 3-Jähriger zog es ihn nach Nordfriesland. Ganz genau wuchs er in Garding auf der Halbinsel Eiderstedt auf. Dort lernte er schon als Junge Posaune zu spielen. Die Musik seiner Jugend war der Jazz, den er mit seinem Instrument zu interpretieren lernte. Gesagt wird, dass ein Live-Auftritt 1954 des Posaunisten Jack Teagarden aus den USA seine Liebe zum Jazz weckte. Diese Liebe blieb bis zu seinem Tod.
Die Anfänge als Schlagersänger, der Beatles-Lieder aufnahm
In den frühen 60er Jahren verdiente er sich sein Musikstudium – er studierte an der Musikhochschule in Lübeck – mit Live-Auftritten in Hamburger Clubs und Schlagern. So spielte er zusammen mit der noch unbekannten Band The Beat Brothers aus Liverpool im Indra, einem Striplokal auf der Großen Freiheit. Aus ihnen wurden später die Beatles. Zwei Beatles-Songs hat er auf Deutsch gesungen: Aus “Yesterday” wurde “Gestern noch” sowie “Girl”, das den Titel behielt.
Songs, von denen auch der ein oder andere es in die Hitparaden schaffte. Mit den Tramps zum Beispiel klappte es mit dem Titel “Am Missouri”, einer deutschen Version des amerikanischen Volkslieds ” Michael (Row The Boat Ashore)”.
Ein weiterer Erfolg der Gruppe war “Nur eine kleine Träne von dir”. Dabei handelt es sich um den Hit “A Little Bitty Tear”, mit dem Burt Ives Anfang der 60er Jahre die US-Charts stürmte.
1963 nahm Knut Kiesewetter den amerikanischen Folk-Song “Goodnight Irene” auf. Natürlich bekam das Lied einen deutschen Text.
Große Beachtung fand sein 1964 veröffentlichtes Album “Halleluja”, das deutschsprachige Gospelsongs enthielt. Aus “Down By The Riverside” wurde beim Friesen “So wie der große Strom”.
Jede Musikrichtung füllte der Musiker und Produzent mit eigenen Ideen. Als die Folkwelle mit Bob Dyland, Peter Paul & Mary und Joan Baez aus den Vereinigten Staaten auch nach Deutschland schwappte, nahm er verschiedene Songs mit seinen Geschwistern Sigrun und Hartmut auf. Aus “This Land Is Your Land” wurde beim Geschwister-Trio folgerichtig “Dies Land ist dein Land”.
Knut Kiesewetter – Norddeutschlands Antwort auf die Animals
In der zweiten Hälte der 60er Jahre durfte er auf Star-Club-Records auch seine Musik aufnehmen. “That’s Me” war live ein Erlebnis und passte in die Zeit des Beats. Er war Schleswig-Holsteins Antwort auf die Animals.
1967 war er dann zu Gast bei Mal Sandock in der Sendung “Beat Beat Beat” mit dem Song “Stop Stop Stop (Or Honey I’ll Be Gone)”.
Wenn alte Weggefährten von Knut Kiesewetter erzählen, fällt auch schnell die Aussage “Der konnte Witze erzählen wie kein anderer”. In jedem Falle hat er sich mit seinen Witzen mehr als nur ein Taschengeld verdient, denn es wurden mehrere Abende mit seinen Witzen auf Langspielplatten veröffentlicht.
1967 nahm er Harry Belafontes “Banana Boat Song” neu auf. Nach diesem Rhythmus konnte man ausgelassen tanzen. Das merkte auch das Team um Udo Jürgens und veröffentlichte “Cotton Fields” und “Mathilda” im ähnlichen Stil.
Knut Kiesewetter auf Früher Deutscher Welle
1968 erschien die Single “Komm aus den Federn, Liebste”. Es dauerte einige Zeit bis der Song auch endlich im Radio zu hören war. Doch dann entwickelte er sich im NDR zum Dauerbrenner, der unregelmäßig ins Programm eingestreut wurde.
Mit Entstehen der Hamburger Szene strickte sich Knut Kiesewetter ein weiteres Image: Er wurde zum Liedermacher. Im Grunde setzte er einfach das fort, was er 1968 begonnen hatte.
Seine Titel waren schwer einzuordnen. Es waren keine Schlager, aber sie waren Deutsch, anders und vom Text auch gern mal unter der Gürtellinie.
Hatte die A-Seite “Hier liege ich nun” einen wirklich nie dagewesenen Text voller Witz, so zeigte sich der Singer-Songwriter auf der Rückseite von seiner politischen Seite. In “Fahr mit mir den Fluß hinunter” singt er im Refrain “Sie sind grün”. Das hat allerdings nichts damit zu tun, dass er bei einer Regionalwahl auf der Liste der Grünen in Nordfriesland zu finden war.
“Ihr solltet mich nie vergessen” war ebenso pfiffig wie seine Vorgänger. Knut Kiesewetter zeigte, dass er auch mit Alltagsproblemen vertraut war.
Mit diesen neuen Liedern wurde er zum beliebten Gast in den gerade aufkommenden Talk-Show. “Die Macht im Staat” heißt das Lied, das er dort vorstellte.
Knut Kiesewetter hatte sich Mitte der 70er als Geschichtenerzähler etabliert. Ein weiteres Beispiel ist “Vom Traum ein großer Mann zu sein” aus dem Jahr 1976.
Den Ritterschlag als Liedermacher erhielt er von Michael Heltau mit einer Einladung in den “Liedercircus”. “Gebrauchtwagen” ist die deutsche Version von Roger Whittakers ” I Don’t Believe In If Anymore”.
Nicht alles wurde auf Single gepresst. Titel wie “Keiner hat mich richtig lieb” gehörte dennoch in den 70er Jahren zu den regelmäßig gespielten Liedern von Knut Kiesewetter.
Knut Kiesewetter leevt et Plattdütsch
1976 überrascht Knut Kiesewetter mit dem Album “Lieder vun mien Fresenhof”. Der NDR spielt anschließend “Mien Gott he kann keen Plattdütsch mehr” auf all seinen Kanälen. Pop auf Platt war einfach neu.
Auf dem “Fresenhof” in Bohmstedtfeld nahe Husum lebte Knut Kiesewetter zu dieser Zeit. Auf diesem Album singt er nicht nur Plattdeutsch, sondern auch Friesisch, eine damals fast ausgestorbene Sprache, die durch Lieder wie “Biiken Sung” eine Renaissance feierte und heute wieder deutlich mehr geprochen wird.
An der Plattdeutschen Welle kam selbst Thomas Gottschalk nicht vorbei. Ob er allerdings viel von “Fru Schmidt” verstanden hat?
In dieser kreativen Zeit produzierte und schrieb Knut Kiesewetter auch fleißig für andere. Für Volker Lechtenbrink fand er die richtigen Worte zu den von diesem so geliebten Country Songs wie “Sunday Morning Coming Down” von Kris Kristofferson. Beim TV-Auftritt begleitete er den singenden Schauspieler auf der Gitarre.
Als Produzent arbeitete er auch häufig mit Hannes Wader zusammen. So produzierte er dessen Klassiker “Heute hier morgen dort”.
Hannes Wader hat später ebenfalls das Plattdeutsche für sich und seine Lieder entdeckt. Auch den norddeutschen Folk-Sänger Fiede Kay produzierte Knut Kiesewetter zu Beginn dessen Karriere. So sind traditionelle Lieder wie “Dat du mien Levste büst” wieder aus der Versenkung hervorgeholt worden.
1980 lautete das Motto des Sängers “Jazz Again”.
“Be Happy And Gay”. Diesem Motto blieb Knut Kiesewetter den Rest seines Lebens treu. Wobei man “Gay” in diesem Fall unbedingt mit dem ursprünglichen “fröhlich” übersetzen sollte.
Knut Kiesewetter verkaufte seinen Hof an Peter Lustig, da er mit der Zeit erblindete und er sich ein Zuhause in Garding, dem Ort seiner Kindheit wünschte. Der Sänger, Musiker und Produzent starb am 28. Dezember 2016 in seinem kleinen Ort Garding auf der Halbinsel Eiderstedt.
In Norddeutschland behält man seine Lieder in bester Erinnerungen. Auch in der kleinen Kneipe auf St. Pauli bei “Inas Nacht”. Ina Müller und Santiano singen das Lied vom “Fresenhof”.
Ruhe in Frieden, Knut!