Wie die Agentur Allendorf Media heute unter Berufung auf seine Familie mitteilte, ist der Produzent und Sänger Frank Farian im Alter von 82 Jahren gestorben. Der als Franz Reuther geborene Musiker, der in den 70er Jahren auszog, um die Musikwelt zu erobern, soll friedlich im Kreise seiner Familie eingeschlafen sein. Als Frank Farian wurde er zum erfolgreichen Schlagersänger, der zum weltweit anerkannten Erfolgskomponisten und -Produzenten wuchs.
Erinnerungen an Frank Farian
Zuletzt war er in aller Munde, als der Film “Girl You Know It’s True” in die Kinos kam. Die Geschichte von Milli Vanilli, in der Matthias Schweighöfer den Entdecker des Duos spielt, sorgte dafür, dass der wohl weltweit erfolgreichste deutsche Musiker noch einmal für Gesprächsstoff sorgte.
Seine Geschichte ist vielleicht noch spannender als die von Milli Vanilli. Wir laden euch ein, die Karriere noch einmal aufleben zu lassen…
Der Schlagersänger Frank Farian
Viele von euch werden sich noch an die Zeiten erinnern, als Frank Farian in der ZDF-Hitparade zu Gast war. Meistens waren es Cover-Songs, mit denen er gegen die Schlagerelite der 70er Jahre antrat. Dieter-Thomas Heck nutzte die Gelegenheit, seine Zuschauer ins Grübeln zu bringen. Erkennt ihr das Original sofort?
Dabei begann seine Karriere zunächst wie viele tausende andere auch: Holprig war der Weg und nur ab und zu ging es einen Schritt aufwärts. Es begann natürlich – wie es sich für die 60er Jahre gehörte – mit einer Band. Frankie Farian & die Schatten nannte sich die Band aus dem saarländischen Elversberg, wo es Franz Reuther hinzog. Dort hatte er eine kleine Wohnung mit einem Studio unter dem Dach. Auch eine kleine Plattenfirma wurde auf ihn aufmerksam und nahm eine erste Single mit ihm auf. Besonders interessant in diesem Zusammenhang ist die Rückseite von Frankie Farian und seinen Schatten, denn es war die deutsche Version vom Rolling Stones-Hit “Heart Of Stone”.
Inwieweit Frank Farian bereits damals ein regionaler Held war? Da müssten wir im Saarland recherchieren. In jedem Falle gehörte er zu den vielen neuen Gesichtern, die in der ZDF-Hitparade gezeigt wurden. Vielleicht spielte es auch eine Rolle, dass Dieter-Thomas Heck auch gute Kontakte zum Saarländischen Rundfunk pflegte. Aber das sind nur Spekulationen.
In jedem Falle hatte Frank Farian die Puste, auf den großen Hit zu warten, der mit “Rocky” dann auch kam. So manch ein Mädel hatte feuchte Augen, wenn dies Lied in der Discothek gespielt wurde.
Boney M. – der Weg zum Erfolgsproduzenten
Bereits im Dezember 1974 hatte Frank Farian auch sein Projekt Boney M. an den Start gebracht. Das Projekt bestand aus ihm und wechselnden Sängerinnen. Die erste Single, “Baby, Do You Wanna Bump”, fand in den Diskotheken große Anerkennung. Den Song kannte 1975 jeder Diskothekengänger.
Mit dem Erfolg von “Rocky” konnte Frank Farian nun seinem Projekt ein Gesicht geben. Bobby Farrell, Maizie Williams, Marcia Barrett und Liz Mitchell wählte der gerade gefeierte Diskotheken-Star Frank Farian dafür aus, um die Karriere von Boney M. nun endgültig in Fahrt zu bringen.
Mit “Daddy Cool” und dem Bob Marley-Hit “No Woman No Cry” hatte er ein so fettes Brett am Start, dass nichts schief gehen konnte. Ging es auch nicht, ganz im Gegenteil. “No Woman No Cry” wurde einer der größten Hits der 70er Jahre. Nicht nur Deutschland, ganz Europa war von Boney M. begeistert.
Ab sofort hatte Deutschland in Sachen Disco-Musik auch ein Wörtchen mitzureden! Sogar die US-Diskotheken wollten auf die Hits von Boney M. nicht verzichten. Im Folgejahr war es “Ma Baker”, das die Tanzflächen der Welt füllte und dazu ein ganzes Album mit weiteren Hits, die von den Tanzwütigen rund um den Erdball mit Begeisterung angenommen wurden. Da kam ein ganz neuer Sound aus Deutschland, der nach und nach die ganze Welt eroberte. Mit “Rivers Of Babylon” war es dann soweit. Kaum ein Land wollte 1978 auf diesen Hit verzichten. Dabei hatte er nicht annähernd das Tanzpotential wie seine Vorgänger. Dafür gefiel das Lied auch der älteren Generation, die – wie auch die jungen Leute – seit “Saturday Night Fever” wieder zusammentanzten.
Weiteres Schaffen in den 70ern
Frank Farian wusste, was die Menschen hören wollten und produzierte einen Hit nach dem anderen:
Neben Boney M. waren das Eruption, die mit “I Can’t Stand The Rain” und “One Way Ticket” ihre größten Hits landeten. Der erstgenannte Song gefiel auch Tina Turner, die ihn ein Jahrzehnt später (wieder) aufnahm.
Viele der zahlreichen Boney M.-Hits wurden auch auf Deutsch aufgenommen und landeten meistens ganz oben in den Schlagerparaden. Dazu zählten Bruce Low mit “Die Legende von Babylon” und Michael Holm mit “El Lute”.
Außerdem schockte Frank Farian die Schlagerwelt mit Gilla. Mit ihr nahm er die deutsche Version von “Lady Marmelade” auf. “Willst du mit mir schlafen gehn” wurde nicht im Radio gespielt. Dafür war der Song ein Hit in den Musikboxen.
Sex sells, das wusste der clevere Produzent und hatte noch einige weitere Songs für die Sängerin parat. “Tu es” und “Zieh mich aus” verkauften sich auch sehr erfolgreich. Dann ließ Frank Farian Gilla den Hit “Bend Me Shape Me” neu aufnehmen. Den Chor übernahmen Boney M. höchst persönlich.
Für die BRAVO-Generation zauberte er Benny aus dem Hut. Der war mit Hits wie “Amigo Charlie Brown”, “Skateboard” oder “Bin wieder frei” sehr erfolgreich und Frank Farian konnte auch ab und zu mal wieder bei Dieter Thomas Heck vorbeischauen.
Die 80er Jahre
Sich selbst gönnte der Musik besessene Tausendsassa das Projekt Far Corporation mit der er Rock- und Pop-Klassiker neu aufnahm. Alles, was der Saarländer anfasste, wurde ein Hit.
Seine Version von “Sebastian”, den im Original Cockney Rebel aufgenommen haben, stellte er bei Günter Jauch in “Na siehste” vor.
Die Erfolgsgeschichte schien sich bis Mitte der 80er Jahre von allein weiterzuschreiben. Inzwischen waren die Mitglieder von Boney M. Weltstars, die auch nicht ganz ohne Allüren auskamen. Der immer freundliche Tänzer Bobby Farrell, der laut Frank Farian auf keinem einzigen Song der Gruppe zu hören war, wollte nun einfach beweisen, dass er auch singen kann und trennte sich Mitte der 80er von seinen Kolleginnen und dem Projektleiter Frank Farian.
Während Bobby Farrell von nun an keinen einzigen Hit mehr landen konnte, ging ohne den witzigen Tänzer auch das Interesse an der Gruppe verloren. Eine 10-jährige Erfolgsgeschichte mit einem Hit nach dem anderen gibt es auch nicht allzu oft in der Musikgeschichte. Außerdem schien sich Frank Farian nun für die Vereinigten Staaten zu interessieren. Zum einen lebte er die meiste Zeit in dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, zum anderen trieb ihn sein Ehrgeiz an, nun auch in der neuen Heimat einen Mega-Hit zu landen, den er langsam in der alten Heimat aufbaute.
Die Weltkarriere in den späten 80ern und 90ern
Dieses Mal spielten die Tänzer die größte Rolle, denn Show und Optik spielen in den USA eine überragende Rolle. Mit Fab Morvan und Rob Pilatus hatte er auch die “richtigen Marionetten” gefunden, die gerade mit einem von Ralph Siegel Projekt scheiterten. Die ersten Songs, die Fab und Rob in Szene setzen durften, waren “Girl You Know It’s True” und “Baby Don’t Forget My Number”. Die beiden präsentierten ihre Lieder bei einem Auftritt in der ZDF-Erfolgsserie “Das Erbe der Guldenburgs”.
Und wieder bewies Frank Farian das richtige Näschen. Milli Vanilli wurde ein voller Erfolg, vor allem in den Vereinigten Staaten. Die beiden Tänzer wurden sogar mit Grammys überschüttet und dann kam es zum Eklat. Gegen den Willen von Frank Farian ließen sich die beiden Top-Stars auf eine eigene Tournee ein.
Bei einem Konzert fiel das Playback aus. Besser gesagt, es blieb stehen und gleichzeitig verstummten auch die Stimmen, was dem Publikum offenlegte, dass die beiden Musiker nicht selbst sangen. Am 14. November 1990 gab Farian bekannt, dass die beiden eigentlich gar nicht singen konnten. Sie bewegten lediglich die Lippen zum Gesang von Charles Shaw, Brad Howell, John Davis und anderen. Natürlich arbeitete der Erfolgsproduzent längst an neuen Projekten. Doch ganz ungeschoren kam Frank Farian beim “Fall Milli Vanilli” nicht davon. 7 Millionen verkaufter Alben bedeutete auch mindestens 7 Millionen enttäuschte Fans.
Erst 1994 war er wieder da. Seine neuen Schützlinge waren D. Lane McCray jr. und Melanie Thornton. Zusammen nannten sie sich La Bouche und produzierten allerbeste Euro-Disco-Klänge aus dem Hause Frank Farian.
Außerdem hatte Frank Farian nun vor, eine Boy-Group an den Start zu bringen. No Mercy nannte sich das Trio, das mit der zweiten Single gleich ganz oben landete. “Where Do You Go” wurde ein weltweiter Hit. Mit beiden Projekten konnte er es seinem “Herausforderer”, der sich selbst zum größten deutschen Produzenten erklärt hatte, zeigen, wer international die Nummer 1 in Deutschland ist.
1997 zauberte er so ganz nebenbei einen der Sommerhits des Jahres aus dem Hut. Die Gruppe nannte er Chilli. Im Sommer 1997 tanzte man nach “Tic Tic Tac”.
Das neue Jahrtausend, aktuelle Erfolge und Zukunft
Damit nicht genug, verfasste Frank Farian auch noch ein Anti-Dieter Bohlen-Buch, das er selbst herausbrachte. Irgendwie schien er mit diesem Buch sich selbst den Stecker gezogen zu haben.
Zum Glück für die vielen Fans seiner Musik kam 2007 das Musical “Daddy Cool” heraus, das noch einmal bewies, wie genial der Produzent Frank Farian ist.
“Daddy Cool from Elversberg” nennt der Saarländische Rundfunk sein Porträt über Frank Farian, das kurzweilige Unterhaltung verspricht.
Teil des angesprochenen Projekts dürfte das Boney M. Album sein, das 2018 zur Weihnachtszeit veröffentlicht wurde. Der Gesang stammte allein von Liz Mitchell und verschiedenen Studiomusikern. Es ist sicher nicht das Gewaltigste, was Frank Farian in seiner langen Karriere geschaffen hat. Aber schön klingt es schon!
In einem kleinen Porträt zum 80. Geburtstag äußert Frank Farian am Ende einen Wunsch, mit dem er uns eine große Freude gemacht hätte: “Ich könnte mir nichts Schöneres wünschen als ein bissl so weiter zu machen!”
Kurz vor seinem 80. Geburtstag hat Frank Farian mit seiner Tochter Yanina einen tollen Song aufgenommen, der sich viele Wochen in den SCHmusa “Hits der Woche” hielt. “Cherish/Rivers Of Babylon” wurde viel zu wenig beachtet, was wohl in erster Linie daran lag, dass ein älterer Herr nur wenig Lust verspürt, große Promotion-Aktionen durchzuführen. Der Song ist absolut gelungen!
THANK YOU FOR THE MUSIC, lieber Frank Farian. Ruhe in Frieden.