Ein Artikel von Helga Mühlberger
I bin da Danza…
Am 7. Oktober 2021 wäre der österreichische Song-Poet Georg Danzer 76 Jahre alt geworden. Die Lieder Danzers sind bis heute gerne gehörte Evergreens, denen vielfach eine magische Zeitlosigkeit innewohnt.
Georg Danzer, am 7. Oktober 1946 in Wien geboren, gestorben am 21. Juni 2007, ist einer der herausragenden Liedermacher und ein Pionier des Austropop – eine Zuordnung, der er selbst zeitlebens zu entgehen versuchte. Seinen Erfolg, nicht nur in Österreich, verdankt er nicht allein seinen kritischen und treffenden Texten, sondern auch seiner menschlichen Glaubwürdigkeit. Er hat immer hinter die Fassade gesehen und sich nicht gescheut, in seinen Liedern auch Wahrheiten zu vertonen, die nicht gern gehört werden.
Nach einer längeren Reise, die ihn trampend zunächst bis Kreta (verarbeitet im Stück „Griechenland“), dann nach Hamburg und Schweden führte, wandte sich Danzer 1967 der Musik zu. Er brachte im Folgejahr seine erste Single „Vera“ heraus und hatte erste Auftritte im österreichischen Rundfunk. Er bekam zwar keinen Plattenvertrag, doch die Ö3-Redakteurin Eva-Maria Kaiser wurde 1970 auf ihn aufmerksam. Er textete danach drei Jahre lang für viele in Wien auftretende Sänger und Bands – neben lang vergessenen auch für Marianne Mendt, Margot Werner, Erika Pluhar, Andre Heller, Wolfgang Ambros und Wilfried. Zusammen mit Heller und Mendt gehörte „der Schurli“ zu einem Kreis junger Musiker, die sich oft in Bronners Cabaret Fledermaus trafen und prägend für die österreichische Musikszene der kommenden Jahrzehnte werden sollten.
In diesen Jahren wurde der Wiener Dialekt durch Lieder wie Wia a Glock’n von Marianne Mendt und Da Hofa von Wolfgang Ambros in der Popmusik des Landes etabliert, und auch Danzer verfasste seine Texte zunehmend in diesem Stil.
Seine erste eigene Single „Tschik“ (Zigarette) brachte er ohne Hinweis auf den Sänger und Texter auf den Markt. Die Sandler-Ballade löste 1972 einen mittleren Skandal aus, da sie unter dem Pseudonym Poidl “Tschik” Jappl veröffentlicht wurde. Peter Barwitz, ein Ö3-Musikredakteur, entdeckte per Stimmanalyse Georg Danzer hinter dem “Tschik”. Die Originalversion der Single, die in einem Papiersackerl verpackt ist, wird heute hoch gehandelt.
Die nächste Platte erreicht nicht den gewünschten Erfolg. Trotzdem bleibt Danzer unermüdlich. Innerhalb eines Jahres erarbeitet er das Konzeptalbum “Der Tätowierer und die Mondprinzessin” mit dazugehörigem Buch, in dem er eine weitere künstlerische Seite – die des Malers – präsentiert. Dass er ein Allround-Genie ist, beweist auch ein Schauspielauftritt in der Hauptrolle des Herrn Lip in Nestroys “Der Zerrissene”, für die ihn Elfriede Ott nach Wien holt.
Unvergessen ist bis heute auch Georg Danzers erster Nummer-1-Hit „Jö schau“.
1976 war für Danzer ein erfreuliches Jahr: Eine Tochter wurde geboren, er schloss einen Vertrag mit dem Major-Label Polydor, die englische Fachzeitschrift Music Week ernannte ihn zum „Star of the Year“ und fünf seiner Lieder bildeten den Soundtrack zur ersten Folge der Satire-Krimi-Reihe Kottan ermittelt. Darin wurde die Atmosphäre im Wien der 1970er Jahre karikiert.
Von da an verbrachte Danzer seine Zeit überwiegend in Deutschland. In Berlin entstand 1977 die LP Unter die Haut und dort fand er auch die Band, mit der er während der folgenden Jahre einige seiner erfolgreichsten Alben einspielte. 1976 veröffentlicht er seine erste Produktion für Polydor. Etwa zur selben Zeit erreicht “Jö Schau” Goldstatus. Denn mittlerweile wird auch das Ausland aufmerksam – ab Ende der Siebziger avanciert Danzer in Deutschland zum Star.
Auch in Deutschland erhielt er durchwegs gute Kritiken, zugleich stand aber sein Lied „War das etwa Haschisch?“ auf der schwarzen Liste. Einige Radioanstalten weigerten sich, den Song zu spielen, Danzer kommt sogar auf den Index. Aller Boykotts zum Trotz erhält die Platte gute Kritiken. Auch in Österreich wurde Danzer nun als Liedermacher mit einem Schaffen jenseits des spaßigen „Jö schau“ einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Drei Monate Tournee mit 32 ausverkauften Konzerten nehmen erstmals auch die Österreicher vom “neuen” Danzer Notiz.
Im
Sommer 1984 löste Danzer seine Band auf und nahm in München mit
neuen Musikern das Album „Weiße Pferde“ auf.
Bei den Dreharbeiten in Andalusien für ein Video zum Titellied
hatte er einen schweren Motorradunfall und wurde wegen
lebensgefährlicher Verletzungen mit der Flugambulanz nach Wien
gebracht. 1985 wurde er geschieden, sein Vater starb durch Suizid und
sein Ex-Manager tauchte unter, worauf das Finanzamt Nachforderungen
stellte und Polydor seinen Vertrag nicht verlängerte.
Am
10. Dezember 1997 trat Danzer im Theater an der Wien erstmals mit
Wolfgang Ambros und Rainhard Fendrich als Austria 3
auf.
Ursprünglich für ein einziges Benefizkonzert zu Gunsten Obdachloser
„zusammengetrommelt“, wurde die Gruppe zu einer der
erfolgreichsten des Austropop. In diesen Jahren, während er mit
Austria 3 erfolgreich Alben veröffentlichte, stets ausverkaufte
Konzerte gab und einem neuen Publikum bekannt wurde, produzierte er
auch weiterhin zahlreiche Soloalben. Mit Austria3 gibt es die
Greatest Hits-CD “Weusd’ Mei Freund Bist…”, die
schlagartig Goldstatus erreicht.
Das Trio motiviert später bei zwei Benefizkonzerten zugunsten der Tsunami-Opfer tausende Konzertbesucher und Sponsoren zu Spenden. Im März 2006 werden sie in Karlsruhe mit dem goldenen “Humanity Award” ausgezeichnet. Ein Monat nach der Abschlusstournee mit den Austria3 Ende Juni 2006 diagnostiziert man bei Danzer ein Lungenkarzinom.
Nach einer ersten Reihe von Chemotherapien kehrte er im Winter auf die Bühne zurück. Er zeigte sich optimistisch, den Krebs besiegt zu haben. Im Frühsommer musste er sich jedoch erneut einer Chemotherapie unterziehen und sagte einige Konzerte ab. Zuletzt stand er im April 2007 auf der Bühne.