Momentan ist richtig, momentan ist gut … und schon hat man den Ohrwurm. Das ist die besondere Qualität von wirklich großen Songs: Jeder kennt sie, halb oder ganz auswendig – aber trotzdem will man sie immer wieder hören. Sie haben eine starke Story – aber jeder liest aus ihnen auch die eigene Geschichte heraus. So soll das sein.
Für „Mensch“ von Herbert Grönemeyer gilt das alles. Es ist ein Klassiker und Superhit, der nie alt wird. Er beschwört unzählige Bilder herauf, sobald man ihn hört: Eisbären, jubelnde Konzerthallen, rauschende Stadionstimmung, dazu das private, bunt flimmernde Kopfkino.
Und nun, zum 20. Jubiläum, wird „Mensch“ eine ganz spezielle Ehre zuteil: Er bekommt eine Antwort aus der Gegenwart. Einen Schwester- und Brudersong, der die Linie von damals bis ins Jetzt zieht. Eine musikalische Version, die jede Menge neuer Bilder malt, die wir nie mehr vergessen werden.
„Es ist okay, Mensch (2022)“ heißt die Single von Ace Tee, Balbina, Ebow und Herbert Grönemeyer, einem einzigartigen popkulturellen Vierergespann. Kein Remix, kein Cover. Eine umwerfende, liebevolle Aneignung. Eine empowerte Interpretationsfantasie. Eng am Original, eng am Heute.
Der Reihe nach: Ace Tee, die junge Künstlerin aus Hamburg, die sogar in den USA gefeiert wird, trifft hier auf die Popmeisterin Balbina, die in den letzten Jahren bewiesen hat, wie grandios sich Kunst, Glam und Poesie verstehen. Dazu: Ebow aus Berlin, eine der derzeit aufregendsten deutschsprachigen Rapperinnen überhaupt.
Grönemeyers Stimme ist als Sample aus dem Originalsong dabei: „Und es ist okay!“, hören wir ihn singen. Der Kern, um den dieser außergewöhnliche Track tanzt, groovt, sich selbst verhandelt und befragt. Das hibbelige Drum’n’Bass-Loop und die Produktion stammen von Walter p99 arke$tra, der mit Ebow unter anderem im Trio Gaddafi Girls zusammenarbeitet.
Die ursprüngliche Version von „Mensch“ kam am 5. August 2002 heraus, sie war das Comeback Herbert Grönemeyers nach längerer Pause. Das starke Pop-Statement zu den Themen Trauer, Trost und Weitermachen wurde seine erste Nummer eins in den deutschen Singlecharts. Der Song erreichte den Platin-Award und trug als Titelstück entscheidend dazu bei, dass Grönemeyers Album „Mensch“ mit mehr als dreieinhalb Millionen Exemplaren zu einer der bis heute meistverkauften Platten aller Zeiten in Deutschland wurde.
Nun greift „Es ist okay, Mensch“ die Idee und Haltung wieder auf, die „Mensch“ damals und heute ausgemacht haben – und interpretiert sie mit den Worten, Beats und Hooklines, die für Ace Tee, Balbina und Ebow vom Jetzt erzählen. Es ist ein großartiger Jam, ein ebenso konzentriertes wie hypnotisches Dreifach-Duett, in dem die drei Künstlerinnen darüber debattieren, was Menschsein und Empathie in Zeiten der Krise bedeuten. Und dass Nichtstun das Letzte wäre, was jetzt auf der humanen Tagesordnung steht. Trotzdem mal kurz innehalten und die Positionen checken? Ja, sagt Herbert Grönemeyer. Es ist okay.
„Momentan ist wichtig, momentan macht Sinn“, singt Balbina ganz am Anfang von “Es ist okay, Mensch”, „momentan entscheidet sich was sein kann und was wird.“ Und spätestens da ist der Ohrwurm wieder perfekt.