Herbert Grönemeyer – Flugzeuge im Bauch
12. April 1956
https://www.youtube.com/watch?v=bGPwmRyyYGg
Am 11. Mai 1984 veröffentlichte die EMI Electrola das Album „4630 Bochum“. Sollte es ein Abgesang auf die Neue Deutsche Welle werden? Außer Nena hatten sich alle Mitstreiter dieses Phänomens wieder in die zweite oder gar dritte Reihe eingereiht, das Feld der Charts war wieder durch und durch in internationaler Hand.
Auch Herbert Grönemeyer, von dem dieses durchaus attraktiv anzusehende Album stammte, hatte sich oder besser seine vorherige Plattenfirma hatte versucht, ihn in der NDW unterzubringen. Doch irgendwie waren „Currywurst“ oder „Sie hört Musik nur wenn sie laut ist“ in dem Überangebot an neuen deutschen Sängern und Bands untergegangen. Es gab durchaus Rundfunkeinsätze und bestimmt verkauften sich die vier vorangegangenen Alben auch einigermaßen. Doch zu dieser Zeit mussten es Top-Umsätze sein, um wahrgenommen zu werden. Die Liste der deutschsprachigen Hits, die es 1982 und 1983 hoch in die Charts gebracht hatten, war lang.
1984 war es zunächst sehr ruhig um den deutschen Pop, aber dann kam Herbert Grönemeyer. Zunächst wurde „Männer“ vorausgeschickt und begeisterte mit witzigem Text und der markanten Stimme des Interpreten. Das war kein Abgesang der Neuen Deutschen Welle, das war moderne Popmusik, von der wir in den kommenden Jahren (aktuell sind es 34 und es werden noch einige mehr werden) noch viel zu hören bekommen sollten. Mit Erscheinen des Albums war sich jeder schnell klar, das Album hatte etwas für jeden zu bieten.
Es war der große Vorteil der Schallplatte, dass man nicht nur ein Stück in der Endlosschleife gehört hat (wenn, dann eine Single) und grundsätzlich auch viel zu bequem war, auf den ersten Ton „weniger ohrenfreundliche Titel“ sofort weiter zu drücken. Das führte dazu, dass man sich einfach die Zeit genommen hat, ein ganzes Album mehrfach zu hören. Manchmal sind es dann die Stücke, die man nicht sofort wahrnimmt, die zu bleibenden Hits werden.
Das Album „4630 Bochum“ war voll mit Perlen, die sofort auf Begeisterung stießen. Besonders die Seite 1 der Langspielplatte erfreute sich besonderer Beliebtheit. So lächelte man über die Verhohnepiepelung der Männer und über den trinkanspornenden Text von „Alkohol“. Das Ruhrgebiet stand geschlossen hinter der Hymne über sich und seine vorübergehende Hauptstadt „Bochum“. Ganz Deutschland hörte mit Begeisterung den Sound von „Amerika“, der es schaffte wie ein deutscher Song von OMD oder Tears For Fears zu klingen. Übrig blieb „Flugzeuge im Bauch“, das beim ersten und zweiten Mal hören, doch ein wenig aus der Rolle fiel.
„Bochum“ war ein Album, das bei allen Anklang gefunden hatte und somit auch oft in der Gruppe gehört wurde. Schließlich war ein Treffen ohne Musik kein Treffen. Je öfter man dabei den Song „Flugzeuge im Bauch“ hörte, desto tiefer setzte er sich im Ohr fest. Spätestens beim allein hören, kam schon Mitleid für den Interpreten auf. Unglaublich, welche Worte man für Liebeskummer finden kann. Es wird niemanden geben, der dieses Gefühl nicht kennt.
Wie das Leben so spielt, trifft es den einen oder anderen genau zu dieser Zeit, wenn die Flugzeuge im Bauch bei einem persönlich fliegen und landen. Da war dieser Song eine echte Alternative zu den bewährten „Leidensgenossen“ Leonard Cohen oder Tom Waits: Diese Trauer, diese Gefühle, diese Einsamkeit voller Selbstmitleid auszuleben.
https://www.youtube.com/watch?v=gTg3TIAmFUk
Als dann 14 Jahre später GzSz-Star Oli P. „Flugzeuge im Bauch“ neu aufnahm und damit einen Nummer 1-Hit landete, war jedem klar: Dieser Song zeigt Gefühl. Vielleicht erkannte der reifere Erdenbürger, dass dies in den 80er Jahren ein wenig intellektueller vorging als in den 90ern und kommentierte den 90er Jahre-Song als flach und pubertär. Doch weitere 20 Jahre später bleibt die Erkenntnis, dass Gefühle jeden Intellekts entbehren. Sie sind da, sie kommen wie die Nacht und sie bekennen die Sehnsucht nach dem nächsten Tag. Sie sind menschlich.
Danke für dieses Lied, Herbert Grönemeyer, und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.
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