Es gibt Lieder, die ein Gefühl von Schmerz und Verlust so vollkommen einfangen, dass sie nie aus der Zeit fallen. Einer dieser Songs ist „The End of the World“ von Skeeter Davis. Was wie eine einfache Ballade über gebrochene Liebe klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ein Stück voller Tiefe – mit einer bewegenden Geschichte über Tragik, Hoffnung, künstlerischen Mut und einen unwahrscheinlichen Welterfolg.

26. Januar 1963, “The End Of The World” steigt in die US-Charts ein.
9. März 1963, der Hit klettert in die Top 10 in den Vereinigten Staaten.
16. März 1963, in den “Billboard’s Easy Listening Charts” steht “The End Of The World” für fünf Wochen auf Platz 1.
20. März 1963, “The End Of The World” steigt in die Britischen Charts ein.
16. März 1963, In den US-Easy Listening Charts klettert “The End Of The World” auf Platz 1.
23. März 1963, Skeeter Davis steht auf Platz 2 der US-Charts.
1. Mai 1973, die Carpenters veröffentlichen ihr Album “Now And Then”, auf dem sie auch “The End Of The World” interpretieren.
15. Mai 1963, der Hit steigt in die Charts Neuseelands ein.
8. Juni 1962, Skeeter Davis nimmt den Hit ihres Lebens – “The End Of The World” – auf.
15. Juni 2000, der Film “Durchgeknallt” mit Wynona Rider und Angelina Jolie startet in den Deutschen Kinos.
13. Juli 1963, “The End Of The Word” steht auf Platz 6 der Dänischen Charts. Es ist die höchste Platzierung für die Ballade.
1. August 1953, bei einem Verkehrsunfall kommt Betty Jack, die Partnerin von Skeeter bei den Davis Sisters, ums Leben. Skeeter wird schwer verletzt.
15. August 1953, der gemeinsame Song “I Forgot More Than You’ll Ever Know” schießt auf Platz 1 der US-Country Charts.
13. August 1990, Sonia veröffentlicht ihre Version von “The End Of The World”.
19. September 2004, Skeeter Davis stirbt an den Folgen einer Brustkrebserkrankung.
8. Dezember 1999, der Film “Durchgeknallt” feiert Premiere in den Vereinigten Staaten.
30. Dezember 1931, Skeeter Davis kommt als Mary Frances Penick in Dry Ridge, Kentucky, USA, zur Welt.
Skeeter Davis wurde 1931 in Glencoe, Kentucky, als Mary Frances Penick geboren. Der Spitzname „Skeeter“ (“Mücke”) stammt von einem Verwandten, der fand, sie sei so lebhaft wie eine Mücke. Die Musik bot ihr früh einen Ausweg aus familiären Problemen. Als Teenager gründete sie mit ihrer Freundin Betty Jack Davis das Gesangsduo The Davis Sisters – obwohl sie keine echten Schwestern waren. Ihr Harmoniegesang machte sie schnell bekannt, und 1953 landeten sie mit „I Forgot More Than You’ll Ever Know“ einen Nummer-1-Hit in den Country-Charts.
Doch das Glück währte nicht lange. Am 1. August 1953 waren die beiden nach einem Auftritt auf dem Heimweg, als ihnen ein Fahrer entgegenkam, der am Steuer eingeschlafen war. Beim Frontalzusammenstoß wurde Betty Jack auf der Stelle getötet, während Skeeter schwer verletzt überlebte. Nur zwei Wochen später wurde ihr gemeinsamer Song zur Nummer 1 – ein Triumph, den Betty nie erleben durfte. Die Presse meldete fälschlich, beide seien ums Leben gekommen. Skeeter erholte sich bei Bettys Mutter, die sie überredete, das Duo mit Bettys Schwester fortzuführen – eine Konstellation, mit der sie sich nie wohlfühlte. 1956 beendete sie das Kapitel und begann ihre Solokarriere.
1957 unterschrieb sie bei RCA Records. Dort produzierte sie Chet Atkins, der eine besondere Idee hatte: Um an ihren früheren Harmoniegesang zu erinnern, ließ er Skeeters Stimme doppelt aufnehmen – ein Trick, der ihr einen einzigartigen Klang verlieh. Zwischen 1959 und 1961 gelangen ihr mehrere Top-20-Hits in den Country-Charts, doch ihr größter Triumph stand noch bevor.
„The End of the World“ wurde im Dezember 1962 veröffentlicht – zunächst als B-Seite der Single „Somebody Loves You“. Geschrieben wurde der Song von Arthur Kent (Musik) und Sylvia Dee (Text), die den Tod ihres Vaters verarbeitete. Ihre Zeilen erzählen vom Schmerz über einen Verlust, den die Welt nicht wahrnimmt. Warum scheint die Sonne weiter? Warum rauscht das Meer noch ans Ufer? Wenn die eigene Welt untergeht, fühlt es sich an, als müsste auch alles andere stillstehen.
Als Skeeter Davis den Song einsang, geschah etwas Magisches. Mit der Unterstützung von Produzent Chet Atkins und Pianist Floyd Cramer entstand eine Aufnahme, deren schlichte Schönheit unter die Haut ging. Ihre sanfte, beinahe brüchige Stimme wirkte, als würde sie jede Sekunde an der Last der Trauer zerbrechen. Besonders berührend ist der Moment gegen Ende des Songs, wenn sie kurz nicht singt, sondern spricht: „Why does my heart go on beating?“ – ein Moment roher Verzweiflung, der bis heute unter die Haut geht.
Ursprünglich für das Country-Radio gedacht, wurde das Lied durch Zufall zum Mega-Hit. Ein DJ aus New York, Scott Muni, spielte versehentlich die Rückseite der Single – und brachte „The End of the World“ ins Popradio. Was folgte, war ein Crossover-Erfolg, wie ihn bis heute keine andere weibliche Künstlerin wiederholt hat: Platz 2 in den Pop-Charts, Platz 2 in den Country-Charts, Platz 4 in den R&B-Charts und Platz 1 in den Easy Listening-Charts. Eine Leistung, die selbst Jahrzehnte später unerreicht blieb.
Der Song wurde schnell zum Evergreen, der immer wieder neu entdeckt wurde. In Großbritannien blieb er Skeeter Davis’ einziger Hit (Platz 18 im Jahr 1963), doch in den USA war sie fortan ein Star. Künstler wie Dolly Parton, Brenda Lee, die Carpenters, Patti Smith oder auch Lana Del Rey ließen sich von ihr inspirieren. Der Song selbst wurde in zahlreichen Filmen und Serien verwendet – unter anderem in “Mad Men” (Serie aus dem Jahr 2007), “Eternals” (Film 2021), dem Videospiel “Fallout 4”, und besonders eindrucksvoll in “Durchgeknallt” (“Girl, Interrupted”, 1999), wo er die tragische Szene von Daisy Randone musikalisch begleitet. Dort läuft er in Endlosschleife auf einem Plattenspieler – ein Symbol für Hoffnungslosigkeit und einen stillen Abschied.
Der Song wurde auch bei den Beerdigungen von Chet Atkins und später von Skeeter Davis selbst gespielt. Ihr letzter öffentlicher Auftritt fand 2002 in der Grand Ole Opry statt – mit „The End of the World“ als Abschiedslied. Zwei Jahre später, am 19. September 2004, starb sie in Nashville an den Folgen einer Krebserkrankung. Ihre Trauerfeier fand im Ryman Auditorium statt, der traditionsreichen Heimat der Countrymusik.
Warum berührt uns „The End of the World“ bis heute? Vielleicht, weil es das Gefühl des völligen Zusammenbruchs in eine zarte, fast fragile Melodie kleidet. Es ist ein Lied, das das Herz bricht – auf die schönste Weise. Es erzählt nicht nur von Liebeskummer oder Tod, sondern vom Menschsein selbst: davon, wie es sich anfühlt, wenn man einen großen Verlust erleidet und dennoch weitermachen muss.
Für Skeeter Davis war es der größte Hit ihrer Karriere – und für viele Menschen ein Lied, das sie in den dunkelsten Momenten begleitet hat. „The End of the World“ ist mehr als Musik. Es ist ein emotionales Vermächtnis. Ein Song, der bleibt.
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