Zum Tod von Hans Rudolf Beierlein

Selbst seinen Tod hatte Hans R. Beierlein so geplant, dass es ihn zufrieden stellte. In aller Stille verabschiedete sich der Medienmogul, der wohl wie kein anderer die Musikwelt der vergangenen 60 Jahre im deutschsprachigen Raum bewegt hat. Sein Herz hörte bereits am 5. August auf zu schlagen. Er plante seinen stillen Abschied mit seiner Adoptivtochter Bizzi Niesslein, die ihn als “mein Lebensmensch” bezeichnet.

In dem von Hubert Bücken verfassten Nachruf auf der Seite von Montana-Media zitiert der Autor die langjährige Weggefährtin Bizzi Niesslein: „Hans führte in den letzten Jahren das Leben eines privilegierten Seniors. Mal fröhlich, mal grantig, aber stets am Weltgeschehen interessiert.“

“Er war der Erste, der mein Talent erkannt hat.”

Udo Jürgens über seinen ehemaligen Manager

Wolfgang Hofer (“Trödler Abraham”), der ebenfalls vorübergehend vom Verstorbenen gemanagt wurde, sagt über ihn in einem SCHmusa-Interview: “Da fällt mir spontan ein, dass dieser Mann auf seine Art und Weise ein Genie war. Er war so etwas von „unkünstlerisch“, aber er konnte – und das ist für mich wirklich Kunst – etwas befördern. Er konnte Leute zusammenbringen und denen sagen, macht jetzt einmal etwas und dann schauen wir einmal weiter.
Er hat Udo Jürgens mit mir, dem damaligen Kabarettisten zusammengebracht, als ich noch ein Jugendlicher, fast noch ein Kind war. So kam Udo Jürgens auf die Schiene mit den ernsthaften Texten. Das war ein Verdienst von Hans Beierlein.
Die Plattenfirma hatte ihm gesagt, du musst Kitsch singen, die Liebe ist rosa und der Himmel ist blau. Hans Beierlein hat gesagt, wir müssen etwas anderes machen und dabei kam dann so etwas heraus wie „Lieb Vaterland magst ruhig sein“.
Genau das hat er gemacht. Er hat unheimlich viel bewegt. Natürlich hat er auch Kitsch produziert im Genre der Volksmusik. Er war ein Macher wie ich ihn heute nirgendwo mehr sehe.”

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https://youtu.be/xPDxP2ASy44


Danke, Hans R. Beierlein

Der Journalist, Medienmanager und Musikverleger leitete unter anderem die deutsche Filiale des französischen Plattenlabels Vogue, als er 1963 den österreichischen Sänger und Komponisten Udo Jürgens unter Vertrag nahm. Beide setzten sich ein gemeinsames Ziel, nämlich vom ersten gemeinsamen Projekt, einer Single, 25.000 Stück zu verkaufen. Dann würde es weitergehen. Zuvor hatte ihm Udo Jürgens ein Band mit eigenen Stücken vorgespielt, von dem vor allem der Song “Tausend Träume” den – immer auf der Überholspur fahrenden – Musikmanager überzeugte. Um das Ziel zu erreichen, setzte Beierlein den Titel auf die B-Seite und wählte für die A-Seite die deutsche Version des aktuellen Elvis Presley-Hits “Kiss Me Quick”.

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https://www.youtube.com/watch?v=ryTzTKeouFQ


Zu dieser Zeit war es in den deutschen Verkaufs-Charts noch gegeben, dass die Original-Versionen eines Songs (Internationaler Hit und deutsche Original Version) zusammengefasst wurden. Mit Elvis Presley an der Seite war es garantiert, dass Hans R. Beierleins Schützling Udo Jürgens nun jedem schnell bekannt wurde. Einen besseren Paten als Elvis gab es 1963 nicht. Und wer konnte es besser wissen als Hans R. Beierlein, der die Zeitschrift “Musikmarkt” 1959 mit der ersten deutschen Hitparade selbst gegründet hatte.

Die Single verkaufte sich nicht nur 25.000, sondern 75.000 mal und das frisch gestartete Team blieb für die nächsten Jahre zusammen. “Kiss Me Quick” kletterte bis auf Platz 3 in den deutschen Verkaufscharts und als Interpreten waren in allen Plattengeschäften Elvis Presley und Udo Jürgens angegeben. Eine bessere Werbung konnte es im ersten Schritt nicht geben.

Wir haben für euch noch eine besondere Begegnung von Udo Jürgens mit seinem ersten eigenen Schallplattenhit. Seht selbst…

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https://www.youtube.com/watch?v=Dd6ii-8ZR14


“Tausend Träume” hatte bei der Show zum 70. Geburtstag etwas bei Udo Jürgens bewegt. Ganz gewiss war es (auch) die gemeinsame Zeit mit Hans R. Beierlein. Wir wissen, dass die gemeinsame Zeit irgendwann zu Ende war und 1977 wenig glücklich endete. Das Gras, das über diese Geschehnisse gewachsen ist, ist aber so gepflegt, dass wir zu so einem Anlass ganz gewiss nichts wieder aufreißen wollen. Außerdem hatten sich die beiden wieder versöhnt und in späteren Gesprächen an die großen gemeinsamen Erfolge wie den Sieg beim Grand Prixde la Chanson 1966 mit “Merci Chérie” oder die ersten erfolgreichen Tourneen, den Bademantel für die Zugaben usw. gedacht.

In der gemeinsamen Zeit hat sich die Zahl der französischen Künstler, mit denen Hans R. Beierlein bereits vor seiner Zeit mit Udo Jürgens erfolgreich kooperierte, ebenso erhöht, wie die Zahl deutschsprachiger Sängerinnen und Sänger, die mit dem Musikverlag Montana zusammenarbeiten. Zu diesen zählten die französischen Legenden Gilbert Becaud, Charles Aznavour, Michel Sardou und Francoise Hardy ebenso wie deutsche Top Stars wie Heino, Esther & Abi Ofarim, André Heller u.v.a. Außerdem entdeckte er die Sängerin Alexandra, die mit dem Udo Jürgens Titel “Illusionen” begeisterte.

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https://www.youtube.com/watch?v=XUgv3jlrRng


“Ideen liegen auf der Straße”, lautete einer der Leitsprüche von Hans R. Beierlein. Als die deutsche Fußball-Nationalmannschaft 1972 Europameister wurde und zwei Jahre später die WM im eigenen Lande haben sollte, lag es für einen Mann, der auch auf die Straße schaut, um die Perlen die dort liegen aufzuheben, auf der Hand: Die Nationalmannschaft musste in den kommenden zwei Jahren besser vermarktet werden. So gab er Produzent Jack White den Auftrag einen Hit und ein Album mit den Lieblingen der Nation zu schaffen.

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https://www.youtube.com/watch?v=v19ZyiZpSEw


Hans R. Beierlein hatte nun seinen Fuß in der DFB-Zentrale in Frankfurt. Für die Weltmeisterschaft 1978 gab es eine gemeinsame Produktion von der Nationalmannschaft und Udo Jürgens. 1985 schloss er mit den Verantwortlichen des größten Sportbunds der Welt einen Vertrag über die Fußballübertragungsrechte der Länderspiele der Nationalmannschaft sowie des DFB-Pokals.

Parallel nutzte er das angebliche Desinteresse an deutschem Schlager und organisierte ein “Schnulzen-Imperium”. 1986 rief er den “Grand Prix der Volksmusik” ins Leben und sorgte dafür, dass die nachkommenden Schlager-Talente wie Stefanie Hertel, Patrick Lindner, Stefan Mross, Florian Silbereisen usw. nicht Schlagersänger, sondern Volksmusikanten wurden. Neben dem “Grand Prix”, der zwischenzeitlich sogar beliebter und erfolgreicher war als sein europäisches Vorbild, schuf er mit seinem Team, das von seiner rechten Hand Bizzi Niesslein weiter geführt wird, noch die “Krone der Volksmusik”, eine TV-Show mit “den Besten der Besten”.

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https://www.youtube.com/watch?v=6usANfzF-Hg


Wenn man nach Hans R. Beierlein auf YouTube sucht, gibt es kein einziges Interview mit dem Mann, der mit seinem “Lieschen-Müller – Näschen” den Erfolg gepachtet hatte (vielleicht sollte man an dieser Stelle noch einmal über das Wort gepachtet nachdenken – eventuell war er der Eigentümer). Er schaute nicht nur auf die Straße, sondern wusste genau, was den Menschen darauf gefällt und das setzte er dann auch in die Tat um.

Aufhören? Nein, das kam für ihn nicht in Frage. Nun musste er es doch.

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https://www.youtube.com/watch?v=tRgsArD-HBk


Wir hatten und haben Hochachtung vor dem Schaffen von Hans R. Beierlein. Allein für die “Justierung von Udo Jürgens” werden ihm die Musikfreunde noch in hundert Jahren dankbar sein.

Ein “Ruhe in Frieden” passt für einen Hans R. Beierlein nicht. Deshalb ein “Farewell” von uns an einen begnadeten Macher!

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