Michael Hoffmann: Nach “Himbeereis” und “Rücksicht”

Interview mit dem Sänger Michael Hoffmann

Dieses Interview mit dem Sänger Michael Hoffmann ist für uns ein besonderes Gespräch, weil wir in den Telefonaten, die wir gemeinsam geführt haben, einen Menschen kennenlernen durften, der aus einem eigenen Schicksalsschlag den Weg dahin gefunden hat, für andere da zu sein.

Man muss kein Schlagerfan sein, um die vielen Hits wie “Himbeereis zum Fühstück”, “Alles was ich brauche bist du” oder “Rücksicht” zu kennen. In den 70er und 80er Jahren gehörten die Geschwister Günter und Michael Hoffmann zu den angesagtesten deutschen Interpreten. Ihre Titel waren eine perfekte Mischung zwischen Schlager und Song, wie die Titel von den etablierten Liedermachern wie Reinhard Mey oder Hermann van Veen zu dieser genannt wurden. Hoffmann & Hoffmann waren Stammgäste in allen relevanten Musiksendungen, von der Starparade über die ZDF-Hitparade bis hin zur Disco.

Am 15. März 1984 änderte sich das Leben des Michael Hoffmann von einem Augenblick zum anderen. Sein Bruder Günter nahm sich in Rio de Janeiro das Leben, er sprang aus dem Fenster seines Hotelzimmers. Wir sind sehr dankbar, dass Michael Hoffmann offen über seine vergangene Karriere und sein aktuelles Leben in einem Hospiz in Kassel gesprochen hat:

 

Ich musste meinen jüngeren Kollegen erklären, mit wem ich dieses Interview führe. Sie waren alle 1983 noch nicht auf der Welt, also sind keine Erinnerungen an den Grand Prix-Auftritt mit „Rücksicht“ bekannte. Also warf ich ganz vorsichtig „Himbeereis zum Frühstück“ in den Raum und schon begannen alle zu singen. Ist ein derartiger Hit eigentlich Fluch oder Segen?

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https://www.youtube.com/watch?v=FH8lu5OYdpk

Michael Hoffmann: Wenn man einen Hit landet und dabei musikalisch stehen bleibt und sich künstlerisch nicht mehr weiterbewegt, kann das vielleicht zu einem Fluch werden. Im Fall meines Bruders und mir, war das nicht so. Wenn man das Lied „Rücksicht“ hört, mit dem wir Deutschland beim Eurovision Song Contest vertraten, war das ein ganz anderes Werk , wie Himbeereis zum Frühstück. „Himbeereis“ ist ein lustiger Song im Country-Stil und „Rücksicht“ ist eine getragene ernsthafte Ballade. Nein, der Hit war für mich kein Fluch. Ob er ein Segen war, das weiß ich nicht.

Ich drehe die Zeit ein wenig weiter zurück. Der erste Song, den ich bewusst wahrgenommen habe, war „The Boxer“. Anders als Simon & Garfunkel waren Sie nicht nur ein Duo, sondern ein Bruderpaar. Waren die beiden, die zu dieser Zeit unglaublich populär waren, der Grund, dass Sie gemeinsam Musik gemacht haben?

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https://www.youtube.com/watch?v=H_cnUm8fPJA

Michael Hoffmann: Simon & Garfunkel hatten uns sehr inspiriert. Unsere Stimmlagen und unser zweistimmiger Gesang waren den Stimmen der Beiden ähnlich. Eine Gitarre und zwei Stimmen. Das war toll! Simon & Garfunkel waren schon ein Vorbild für uns beide und haben vielleicht dazu beigetragen auf der Bühne zu einem Gesangsduo zu werden.

 

Wie ist aus dem Bruderpaar, das in Kassel im Kinderzimmer angefangen hat, eine Duo geworden, das Dauergast in ZDF-Hitparade, Disco und allen anderen populären TV-Shows war?

Michael Hoffmann: Bei uns zu Hause wurde viel zusammen gesungen, das Singen wurde uns beiden wohl in die Wiege gelegt. Für junge Menschen ist es natürlich ein Traum, wenn das, was sie am meisten begeistert, zu ihrem Beruf werden kann. Und so haben wir uns bei einer Plattenfirma zum Vorsingen beworben und das hat auf Anhieb geklappt.

  In erster Linie waren es Cover von internationalen Hits, die Sie auf deutsch gesungen haben. Dabei haben Sie auch selbst komponiert. Waren die Titel nicht gut genug für eine Single, die ja immerhin das komplette Taschengeld eines Jugendlichen damals verschlungen hat, oder wollten Sie bzw die Plattenfirma das Konzept nicht verändern.

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https://www.youtube.com/watch?v=sCywHBo5Vgg

Michael Hoffmann: Es hat uns erst mal begeistert, einen richtig guten Plattenvertrag zu bekommen. Als unerfahrene junge Menschen waren wir zu angepasst, um uns gegenüber der Plattenfirma mit nur eigenen Liedern durchzusetzen. Aus der Anpassung herauszukommen und nicht nur das zu liefern was von mir erwartet wird, wurde in meinem Leben zu einem langen, manchmal auch schmerzhaften Prozess.

Mit „Rücksicht“ haben Sie dann einen Titel auf den Leib geschneidert bekommen, mit dem Sie Deutschland beim „Grand Prix“ vertreten haben. War das der Karrierehöhepunkt von Hoffmann & Hoffmann?

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Michael Hoffmann: Von außen gesehen war es der Karrierehöhepunkt, aber innerlich sah es bei uns etwas anders aus. Die meiste Freude machte es uns, in kleineren Clubs, ganz live, mit nahem Kontakt zum Publikum, zu spielen. Damit war es nun endgültig vorbei. Jetzt war das große, unpersönliche Gala-Geschäft mit endlosen Tourneen angesagt. Nach außen waren wir fröhliche, autogramm-gebende Stars, aber innerlich waren wir frustriert über den Stress, der unsere Kreativität einschränkte.

Ein Jahr später haben Sie Ihren Bruder verloren. Wieviel Zeit benötigt man, um zu realisiern, dass ein Teil von Ihnen einfach nicht mehr da ist?

Michael Hoffmann: Mein Bruder war ein sehr, sehr wichtiger Mensch für mich und sein Tod war der größte Schmerz in meinem Leben. Er hat sein Leben beendet, und ich musste mein eigenes Leben finden. Als Künstler bedeutete das für mich, mir selbst treu zu bleiben. Es war ein langer Weg, und als es mir immer mehr gelang, konnte der Schmerz des Verlustes nachlassen.

Es gibt ein Lied von Ihnen mit dem Titel „Wer weint, wenn ich geh’“. Es befasst sich auf alles andere als kitschige Weise mit dem Tod. In einem Artikel habe ich von einem aktuellen Lied mit der Zeile „Wir sind auf die Welt gekommen, damit wir sie und uns bejahen“ gelesen. Was bedeutet heute Leben für Sie?

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https://www.youtube.com/watch?v=0xiq29HBZi4

 

Michael Hoffmann: Heute bedeutet Leben für mich, auf das eigene Herz zu hören und mir als Mensch und Musiker treu zu bleiben und das zu tun, was mich glücklich macht. Ich hoffe, ich kann durch meine Arbeit dazu beitragen, dass auch andere Menschen glücklicher werden.

Gemeinsam mit Ihrer Ehefrau Petra interpretieren Sie heute asurische Lieder. Wo liegt Asurien? Was verbirgt sich genau hinter „Die Fahrt beginnt“.

Michael Hoffmann: Asurien steht für unser inneres Land. Asurien ist das Land unserer Seele.

Bei den Liedern und Gesängen aus Asurien komponiere ich zu den Gedichten von Ursa Paul, der Gründerin des Heilhauses in Kassel, die Musik. Inzwischen habe ich mit den Liedern und Gesängen aus Asurien vier CD’s veröffentlicht. Im Moment arbeite ich an einer fünften CD in dieser Art. Bei den Studio-Aufnahmen begleitet mich gesanglich und beratend meine Frau Petra. Mit den Liedern und Gesängen aus Asurien ist für mich eine lange Sehnsucht in Erfüllung gegangen. Die Sehnsucht, nicht mehr zu singen, was von mir erwartet wird, sondern das zu singen, was mich glücklich macht.

Außerdem arbeiten Sie in Kassel im Heilhaus. Arbeiten Sie dort als Büroangestellter, Krankenpfleger oder haben Sie eine besondere Aufgabe übernommen?

Michael Hoffmann: Ich arbeite im Heilhaus in Kassel mit meinem Medium Musik und Gesang. Ich singe mit anderen Menschen, ob in unserem Mehrgenerationen-Hospiz bei der Sterbebegleitung, oder in Gesangs-Seminaren, die ich mit meiner Frau leite im Heilhaus oder im Osterberginstitut bei Malente.

Wie darf man sich ein solches Seminar vorstellen?

Michael Hoffmann: In den Seminaren unterstützen und begleiten wir Menschen, ihre eigene, natürliche Stimme zu entfalten und über das Singen, mehr Lebensfreude zu erfahren. Dabei geht es in erster Linie darum, die eigene Stimme vom Herzen her anzunehmen. Sie nicht zu verbiegen, sondern sie in ihrer eigenen Schönheit zu entfalten. Dafür haben wir eine natürliche Stimmbildung entwickelt, in denen die teilnehmenden Menschen die Möglichkeit haben, in liebevoller Weise Blockaden in ihrer Stimme sanft aufzulösen.

In dieser Arbeit werden die Stimmbänder nicht überlastet, sondern der ganze Körper wird bei dieser Art der Stimmbildung mit einbezogen.

Was ist die Essenz ihres neuen Musikerdaseins nach Hoffmann und Hoffmann?

Michael Hoffmann: Ich möchte das ganz einfach in einem Satz aussprechen: Wo die Freude ist, da geht es lang.

Vielen Dank Herr Hoffmann für dieses offene Interview.

Ganz sicher wird es viele Menschen geben, die nun mehr über ihr neues Musikerdasein hören möchten. Ihr könnt Michael Hoffmann über redaktion@schmusa.de schreiben. Wir werden jede Mail an ihn persönlich weiterleiten.

Die aktuellen CDs von Michael Hoffmann können direkt über das Heilhaus in Kassel bezogen werden. Ihr findet viele Informationen über diese tolle Einrichtung unter: www.heilhaus.org

 

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