Liebe Leserin, lieber Leser,
fĂŒr die âGerman FrĂ€uleinsâ soll sich der Airman Johnny Cash, der von
1951 bis 1954 in Landsberg am Lech stationiert war, gar nicht
interessiert haben. Beinahe tÀglich schrieb er einen langen Brief an
seine Verlobte Vivian Liberto, die in Texas drei lange Jahre auf ihn
wartete. Nichts fĂŒrchtete er mehr, als den legendĂ€ren âDear John Letterâ
zu bekommen, mit dem Amerikanerinnen Beziehungen zu den in Europa
stationierten Soldaten beendeten. In einen Baum auf dem Fliegerhorst in
Penzing ritzte er âJohnny loves Vivianâ. HeiĂe Liebes- und TreueschwĂŒre,
ein veritabler schriftlicher Heiratsantrag und die Drohung, er wĂŒrde
sich von der Zugspitze stĂŒrzen, sollte sie ihn jemals verlassen, finden
sich in seinen Briefen â aber auch der zĂ€rtliche Kosename âSnookie
Pootsieâ, den der brave Soldat fĂŒr seine Angebetete in der Ferne
âerfundenâ hatte.

Johnny Cash hörte in Landsberg den sowjetischen Funkverkehr ab, er schenkte den Kindern auf der StraĂe Kaugummi und er sang in bayerischen Wirtschaften. Im Sommer segelte er auf dem Ammersee, im Herbst machte er einen Ausflug aufs Oktoberfest und im Winter lernte er in Garmisch Skifahren. Auf der Suche nach dem perfekten Verlobungsring durchstreifte er die Landsberger GeschĂ€fte, schlieĂlich fuhr er nach MĂŒnchen und lieĂ ihn bei einem MĂŒnchner Juwelier nach einer Zeichnung anfertigen. Aber auch in Landsberg fand er etwas Kostbares: âIch kaufte mir meine erste Gitarre fĂŒr zwanzig Mark, damals etwa fĂŒnf Dollar, und trug sie durch den kalten deutschen Winter zum StĂŒtzpunkt zurĂŒck.â Diesen FuĂmarsch im Winter 1952 werde er niemals vergessen, schrieb er in seiner Autobiografie: âSechseinhalb Kilometer durch knietiefen Schnee.â

Auch den Weg von der Landsberger Innenstadt zur Kaserne legte der junge Soldat Johnny Cash des Ăfteren zu FuĂ zurĂŒck â dann aber stolpernd und im betrunkenen Zustand. Ganz so brav, wie man meinen möchte, war er also wĂ€hrend seiner Zeit in Deutschland nicht. In einem Landsberger Gasthaus geriet er eines Abends ânach mehreren Liedernâ â oder mĂŒsste es âLiternâ heiĂen? â in eine SchlĂ€gerei, bei der er seinem GegenĂŒber die VorderzĂ€hne ausschlug. Nach seinen Alkoholexzessen gelobte Cash stets Besserung â aber die Verlockungen waren zu groĂ. In MĂŒnchen wurde er einmal von der MilitĂ€rpolizei verhaftet, nachdem er auf ein StraĂenmĂ€dchen eingeschlagen hatte, das ihn âbelĂ€stigteâ. Viel Deutsch soll Johnny Cash in Deutschland nicht gelernt haben, aber irgendjemand muss ihm ja wohl das Wort âSchnuckiputziâ beigebracht haben. 1994 antwortete er rĂŒckblickend in einem Interview auf die Frage nach den âGerman FrĂ€uleinsâ lĂ€chelnd: âI met a few, yeah.â
Das Buch âDonât Take Your Guns To Townâ, das zeitgleich zur Ausstellung im Neuen Stadtmuseum Landsberg erscheint, thematisiert die amerikanische TruppenprĂ€senz und Johnny Cashs Stationierungszeit von 1951 bis 1954 in Landsberg und zeigt zahlreiche bislang unveröffentlichte Fotografien Johnny Cashs aus Privatbesitz.
Info: https://volkverlag.de/bayrische-gschichten/bayerische-geschichten-222015-from-landsberg-with-love/
Johnny Cash in Bayern: Eine Legende in Wartestellung
Stand: 02.07.2024, 17:15 Uhr
Von: Johannes Löhr
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Er erfuhr als Erster vom Tod Josef Stalins und schrieb Songs, die weltberĂŒhmt werden sollten: Johnny Cash war als junger Mann in Penzing stationiert. Am 3. Juli 1954 endete seine Dienstzeit.
Ein âMan in Blackâ ist Johnny Cash noch nicht, wie er da auf der Bettkante seines Kameraden Billy Joe Carnahan vor einer BlĂŒmchentapete sitzt. Seine Karriere als Gesetzloser und Legende der Country-Music wartet gewissermaĂen um die Ecke. Er trĂ€gt ein weiĂes Hemd und lĂ€chelt freundlich in die Kamera â wĂ€hrend er seine erste Gitarre spielt, die er fĂŒr 20 Mark im Landsberger Musikhaus Ballach gekauft hat. âIch trug sie durch den kalten deutschen Winter zum StĂŒtzpunkt zurĂŒckâ, erinnert er sich in seiner Autobiografie. âDiesen FuĂmarsch werde ich nie vergessen, sechseinhalb Kilometer durch knietiefen Schnee.â

Seinen ersten Hit schrieb er bei der Abreise aus Bayern
Cash hat fĂŒr seinen Armeedienst die Wahl: Entweder die Insel Adak vor Alaska. Oder Bayern. âDie Entscheidung fiel mir nicht schwer: Ewiges Eis oder gutes Essen und ,FrĂ€uleinsâ? Ich entschied mich fĂŒr Landsberg.â Als Soldat in good old Bavaria macht er seine FingerĂŒbungen, bis es endlich so weit ist: Am 3. Juli 1954, vor 70 Jahren, wird er ehrenhaft aus der amerikanischen Luftwaffe entlassen, nachdem er vom 8. Oktober 1951 an im Fliegerhorst von Penzing im Lechrain stationiert war. Im folgenden FrĂŒhling spielt er bei Sam Phillips in Memphis, Tennessee, das Lied âHey Porterâ ein. Sein erster Hit bei Sun Records. Geschrieben im Zug bei der Abreise aus Bayern. âHey Schaffner!â Er wollte so schnell wie möglich heim.
Der RockânâRoll-Evergreen âBlue Suede Shoesâ hat seine Wurzeln in Landsberg
Auf dem Instrument von Ballach verfasst Johnny Cash einige heute weltberĂŒhmte Songs. âDonât take your Guns to Townâ etwa ist eine simple Anweisung an die MilitĂ€rs: âSchusswaffen nicht in die Stadt mitnehmen.â Die Hauptfigur des Songs, der ĂŒbermĂŒtige Billy Joe, ist Namensvetter des Kameraden mit der BlĂŒmchentapete. Der âFolsom Prison Bluesâ verweist auf einen Kinoabend gleich nach seiner Ankunft in Bayern (der Film âInside the Walls of Folsom Prisonâ, wurde am 13. Oktober 1951 im Fliegerhorst gezeigt). Und sein adrett gekleideter Vorgesetzter C. V. White belustigt ihn mit dem Spruch: âJust donât step on my Blue Suede Shoesâ (âTritt mir bloĂ nicht auf meine blauen Velourslederschuheâ). Cash erzĂ€hlt spĂ€ter dem SĂ€nger-Kollegen Carl Perkins davon, der sogleich einen RockânâRoll-Evergreen aus dem Schuhwerk schneidert, den Elvis Presley berĂŒhmt macht.

Von Landsberg ist Cash nicht gerade beeindruckt. Die Deutschen seien ĂŒberhaupt alle verrĂŒckt: Jeder fahre Fahrrad und die StraĂen seien voll wie ein Bienenstock. DafĂŒr ist er begeistert von Neuschwanstein, bringt vom Oktoberfest einen Teddy mit, geht schwarzfischen in Oberammergau, skifahren in Garmisch und segeln auf dem Ammersee. Im FrĂŒhling 1953 geht er sogar bereits als Randnotiz in die Weltgeschichte ein: Er ist als diensthabender Funker der erste Mensch der freien Welt, der vom Tod Josef Stalins erfĂ€hrt (er fĂ€ngt eine Morse-Nachricht ab) und diese Kunde weiterverbreitet.

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