Ein Artikel von Helga Mühlberger
Für mich war Musik immer schon mehr als nur ein Ohrenschmaus. Musik hat mich seit der Kindheit bewegt, im wörtlichen und im übertragenen Sinn. Meine Mutter hatte mir aus Vorhangresten ein Röckchen genäht, in dem ich durch das Haus tanzte. Egal welche Musik – ich habe getanzt. Und Zeter und Mordio geschrien, weil ich das Röckchen nicht mitnehmen durfte in den Kindergarten. Bei den Klosterschwestern war das verpönt. Ein braves Mädchen war man nur, wenn man sittsam am Tisch saß und bunte Bildchen malte. Zu gerne würde ich wissen, was sie mehr gestört hat – der tanzende Irrwisch oder das ich versucht habe, ausgerechnet dieses Lied zu singen und dazu zu tanzen.
Also habe ich nur daheim getanzt. Auch als ich älter wurde, haben diese Vorführungen unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit in meinem kleinen Zimmer stattgefunden. Eine Tanzschule oder gar eine Ballettschule gab es in dem kleinen Dorf hinter den sieben Bergen nicht. Nicht mal eine Disco. Damals war ein Kuhstall noch ein Kuhstall und kein Tanzschuppen. Und dann musste ich ins Berufsschulinternat. Und gleich neben der Schule die „Fliegerbar“ die auch von den Rekruten der nahen Kaserne frequentiert wurde. Da wurde dann getanzt und geflirtet. Unvergesslich . . .
Ich habe nie herausgefunden, ob ich bestimmte Musiktitel anhöre, weil sie zu meiner jeweiligen Stimmung passen, oder ob die Musik meine Gefühle beeinflussen. Fest steht, dass für mich Emotionen und Musik zusammengehören. Und auch lange Zeit nach einem bewegendem Ereignis erinnert mich so mancher Song dran, was mir damals Herzschmerz verursacht hat. Wie gut ist es, nicht vorher zu wissen, was das Schicksal für einen bereit hält.
Ich habe leider keinen Partner mehr gefunden, der gerne getanzt hätte. Männer scheinen da nicht den rechten Zugang zu finden. Obwohl es eine legale, gesellschaftlich tolerierte Möglichkeit ist, eine Frau in den Arm zu nehmen, verweigern es die Herrn der Schöpfung, das Tanzbein zu schwingen. Nicht alle – aber doch der Großteil – wippt lieber mit dem Fuß im Takt. Dabei lassen gute Tänzer Frauenherzen schmelzen. Tanzen ist die beste Art zu flirten.
Irgendwann bin ich dann mehr durch Zufall in einer Tanzschule gelandet. Nach dem Silberkurs ist mir aber mein Partner abhanden gekommen – gut, ich war selber schuld – ich habe ihn in die Wüste geschickt, meine Zehen waren aber echt dankbar. Der Zufall hat dafür gesorgt, dass ein Herr ebenfalls plötzlich ohne Dame dastand und wir wurden mehr aus Not als aus eigenem Antrieb ein Tanzpaar. Bis Goldstar 3 und dann kam Corona. Irgendwann werde ich aber weiter tanzen . . .
Irgendwann werden meine Beine vielleicht nicht mehr die Kraft haben sich zur Musik zu bewegen, aber mein Herz wird immer weiter tanzen.
P.S.: Uns hat dieser Artikel von Helga so gut gefallen, dass wir sie gebeten haben, doch noch weiter mit uns zu tanzen. Sie wird es! Morgen tanzen wir Tango mit der sympathischen Wienerin.