Felix Klare gehört zu jenen Schauspielern, die das deutsche Fernsehen und Kino über Jahre hinweg geprägt haben, ohne sich je auf eine Schublade festlegen zu lassen. Er ist der leise, aber stets präsente Protagonist, der seine Figuren mit einem ungewöhnlichen Maß an Empathie, Nachdenklichkeit und innerer Spannung ausstattet. Heute feiert er seinen 47. Geburtstag.
Herzlichen Glückwunsch, Felix Klare
Spätestens seit 2008 ist Klare einem Millionenpublikum bekannt – als Hauptkommissar Sebastian Bootz im Stuttgarter “Tatort”. Doch sein künstlerisches Spektrum reicht weit über die Welt des Krimis hinaus: von subtilen Charakterstudien über historische Dramen bis zu gesellschaftskritischen Stoffen. Werfen wir einen Blick auf das Stuttgarter Team mit Thorsten Lannert, gespielt von Richy Müller
Geboren wurde Felix Klare am 12. Oktober 1978 in Heidelberg – als Sohn eines Ärzte-Ehepaares, dessen Lebensgeschichte selbst Stoff für einen Spielfilm sein könnte. Seine Eltern waren 1974 mit gefälschten Papieren aus der DDR geflohen. Der Vater, Georg Bernd Klare, ein Kinderarzt, leitete später das Dialysezentrum der Kinderklinik im Münchener Krankenhaus Schwabing. Felix Klare wuchs mit drei älteren Geschwistern in München auf. Sein Schulweg verlief alles andere als geradlinig: 13 Schulen besuchte er, bevor er an einer Waldorfschule das Abitur machte – eine biografische Fußnote, die vielleicht erklärt, warum Klare später in so unterschiedlichen Charakteren glaubwürdig aufgehen konnte.
Nach der Schule entschied er sich bewusst gegen den elterlichen Arztberuf und für die Bühne. Von 1998 bis 2002 studierte er an der renommierten Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin – jener Kaderschmiede, die viele der großen Namen des deutschsprachigen Theaters hervorgebracht hat. Schon während des Studiums stand er am Maxim-Gorki-Theater und am Berliner Ensemble auf der Bühne, später auch am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und am Theater Freiburg, wo er unter Regisseuren wie Jan Bosse oder Amélie Niermeyer spielte.
Felix Klares Kamera-Debüt verlief unspektakulär, aber solide: kleine Rollen in Serien wie “SK Kölsch” oder im internationalen Kinofilm “Luther (2003)”. Doch der Durchbruch ließ nicht lange auf sich warten. Schon mit Mitte 20 hatte sich Klare als vielseitiger Schauspieler etabliert, der sensibel, diszipliniert und präzise arbeitet – Eigenschaften, die Regisseure immer wieder an ihm schätzen.
Einer seiner ersten wichtigen Kinofilme war „Offset“ (2005), ein deutsch-rumänisches Drama über kulturelle und persönliche Konflikte in der globalisierten Arbeitswelt. Felix Klare spielte darin an der Seite von Alexandra Maria Lara und Răzvan Vasilescu einen jungen Mann, der in Bukarest zwischen Liebe und beruflicher Verantwortung zerrieben wird. Der Film, der im internationalen Wettbewerb von Locarno lief, zeigte früh, wie sehr Klare auch in fremden Sprachen und komplexen moralischen Situationen zu Hause ist.
Den großen Popularitätsschub brachte das Jahr 2008: Im Stuttgarter Tatort übernahm Klare die Rolle des Hauptkommissars Sebastian Bootz, an der Seite von Richy Müller als Thorsten Lannert. Das Duo wurde schnell zu einem der beliebtesten Teams der Reihe. Anders als viele Krimipartner zeichnet Klare seinen Bootz nicht als rauen Ermittler, sondern als reflektierten Familienvater, der Zweifel und Verletzlichkeit zulässt. Der Stuttgarter Tatort gewann damit eine psychologische Tiefe, die ihn von den oft stereotypen Ermittlerpaaren anderer Städte abhob. Über 40 Folgen lang sind es bisher. Begonnen hat es mit der Episode “Hart an der Grenze (2008)”. Felix Klare den Sebastoam Bootz mitentwickelt, vertieft, älter werden lassen. Dabei blieb er stets offen für filmische Nebenwege – und gerade diese Vielseitigkeit macht ihn zu einem der interessantesten Schauspieler seiner Generation.
Einer der markantesten Filme seiner Karriere ist „Bis nichts mehr bleibt“ (2010), eine SWR-Produktion über einen Mann, der sich aus den Fängen von Scientology befreit. Klare spielt den Familienvater Tim, der in die Sekte hineingerät, dort seine Frau verliert und um die Beziehung zu seinem Sohn kämpft. Der Film, inspiriert von wahren Begebenheiten, war nicht nur ein Quotenhit, sondern auch ein gesellschaftliches Ereignis.
Felix Klares Darstellung balanciert zwischen Idealismus, Verblendung und Verzweiflung – ohne je ins Melodramatische abzurutschen. Für viele Zuschauer war dies der Moment, in dem sich der „Tatort-Kommissar“ als Charakterdarsteller von Rang etablierte.
Im historischen Drama „München 72 – Das Attentat“ (2011) trat der Schauspieler in die Fußstapfen einer der dunkelsten Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte. Der Film erzählt die Ereignisse um das Olympia-Attentat von 1972, als palästinensische Terroristen israelische Sportler als Geiseln nahmen. Klare verkörperte den Polizisten Manfred Schreiber, einen der Verantwortlichen für den verheerend gescheiterten Befreiungsversuch.
Seine Darstellung zeigt einen Beamten, der zwischen Pflichtbewusstsein und Überforderung schwankt – eine Figur, die in ihrer moralischen Ambivalenz typisch für Klares Spielweise ist. Er sucht selten nach Helden, sondern nach Menschen in Grenzsituationen.
Dass der Publikumsliebling auch über ein feines komödiantisches Gespür verfügt, bewies er mehrfach – etwa 2017 gleich in zwei sehr unterschiedlichen Produktionen.In der romantischen TV-Komödie „Ich will (k)ein Kind von dir“ spielt er den Musiker Max, dessen Leben durch den unerwarteten Kinderwunsch seiner Partnerin (Mina Tander) auf den Kopf gestellt wird. Der Film thematisiert auf charmante Weise Rollenbilder, Lebensentwürfe und die Frage, was „Familie“ eigentlich bedeutet.
Im selben Jahr folgte die Kinokomödie „Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner“, basierend auf dem Roman von Kerstin Gier. Hier spielt Klare den Ehemann einer Frau (Jessica Schwarz), die durch einen Zeitsprung ihre Beziehung noch einmal anders erleben kann. Klares Figur ist das emotionale Zentrum des Films – er verleiht dem Liebeschaos Menschlichkeit und Wärme, fern von klischeehaften Männerbildern.
Mit „Weil du mir gehörst“ (2019) kehrte Klare in ein ernsteres Fach zurück. Das Fernseh-Drama erzählt von einem erbitterten Sorgerechtsstreit, in dem ein Kind zwischen den Fronten der Eltern zerrieben wird. Klare spielt den Vater, dem seine Tochter zunehmend entfremdet wird – eine Figur, die tief unter die Haut geht.
Der Film sorgte für große Resonanz, weil er das Phänomen der elterlichen Entfremdung (Parental Alienation) eindringlich beleuchtete. Seine Darstellung schwankt zwischen Wut, Hilflosigkeit und tiefer Liebe – ein Balanceakt, der dem Film seine emotionale Wucht verleiht.
Im Jahr 2023 zeigte Felix Klare erneut seine Vielseitigkeit in dem Krimidrama „Kein einfacher Mord“, das auf ARD ausgestrahlt wurde. Der Film, der klassische Thriller-Elemente mit einer psychologischen Erzählweise verbindet, handelt von einem Mann, der in ein Netz aus Schuld und Geheimnissen verstrickt wird.
Felix Klare spielt mit stoischer Ruhe, die in entscheidenden Momenten aufbricht – ein Markenzeichen seiner Kunst. Er ist kein Schauspieler, der laut werden muss, um Wirkung zu erzielen. Vielmehr lebt seine Präsenz aus der Spannung zwischen Kontrolle und Emotion, aus Zwischentönen und Blicken.
Privatleben und Haltung
Felix Klare ist seit vielen Jahren mit der Schauspielerin Zora Thiessen verheiratet, die er schon als Teenager kennengelernt hat. Gemeinsam haben sie vier Kinder, darunter die Tochter Falka Klare, die bereits selbst als Schauspielerin in Erscheinung tritt. Familie ist für Klare kein Nebenschauplatz, sondern zentraler Bestandteil seines Lebens.
Auch in gesellschaftlichen Fragen bezieht er Position – etwa 2021, als er sich an der Aktion #allesdichtmachen beteiligte, die kritisch und satirisch auf die Corona-Politik reagierte. Der Shitstorm, der folgte, zeigte, wie schnell künstlerische Provokation heute politisiert wird. Er blieb dabei ruhig und sachlich, was zu seinem Image als nachdenklicher, reflektierter Künstler passt.
Trotz seiner Fernsehpräsenz ist Klare dem Theater nie ganz fern geblieben. Er spielte in Klassikern wie “Othello”, “Philotas” oder “Ein Sommernachtstraum” ebenso wie in modernen Stücken. Auf der Bühne entwickelt er jene Tiefe, die man auch in seinen Filmrollen spürt – eine Arbeit am Charakter, die von innen nach außen wirkt.
Felix Klare ist kein Star im klassischen Sinn. Er sucht nicht das Rampenlicht, sondern die Wahrheit in der Figur. Ob als Kommissar Bootz im “Tatort”, als verzweifelter Vater in “Weil du mir gehörst” oder als Liebender in “Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner” – immer spürt man, dass es ihm um Authentizität geht. Seine Figuren sind glaubwürdig, weil er sie ernst nimmt.
Mehr als 20 Jahre nach seinen ersten Theaterrollen ist Felix Klare längst eine feste Größe im deutschen Fernsehen. Doch er bleibt, was er immer war: ein Suchender auf der Bühne des Lebens – präzise, sensibel und menschlich. Alles Gute im neuen Lebensjahr, lieber Felix Klare.
Foto: SWR/Schweigert