Mit „Adelita“ veröffentlicht Bruce Springsteen einen der bislang unbekannten Songs seines lange unter Verschluss gehaltenen Albums Inyo, das am 27. Juni im Rahmen der Compilation Tracks II: The Lost Albums erscheint. Und wer dachte, Springsteen hätte bereits jede erzählbare amerikanische Geschichte besungen, wird nun überrascht: Der Boss nimmt uns mit an die Grenze zwischen den USA und Mexiko – musikalisch, historisch und emotional.
„Adelita“ ist eine Hommage an die „soldaderas“, die weiblichen Kämpferinnen der Mexikanischen Revolution. Inspiriert von der traditionellen Ballade „La Adelita“ und genährt von Bruce Springsteens Reisen durch den Südwesten der USA in den 1990er-Jahren, entfaltet der Song eine faszinierende Mischung aus Erzählkunst, Respekt und musikalischem Weltenwandel.
Stilistisch wagt sich Springsteen auf neues Terrain: Begleitet von einer feinfühlig agierenden Mariachi-Band mit Musikern wie Luis und Alberto Villalobos oder Jorge Espinosa, verschmilzt seine markante Stimme mit der Klangwelt Mexikos. Trompeten, Geigen und Gitarren weben eine akustische Landschaft, die sowohl fremd als auch vertraut wirkt – als hätte der „Ghost of Tom Joad“ einen Abstecher nach Sonora gemacht.
„Adelita“ ist dabei mehr als nur eine musikalische Fingerübung. Es ist ein Lied, das sich tief mit Themen wie Grenzerfahrungen, Migration und kulturellem Verlust auseinandersetzt. Springsteen nähert sich der mexikanischen Geschichte nicht aus touristischer Perspektive, sondern mit echtem Interesse und Empathie. Schon 1988 hatte er Ry Cooders „Across the Borderline“ gecovert – mit „Adelita“ führt er diesen Faden eindrucksvoll weiter.
Fazit:
„Adelita“ ist ein leiser, eindringlicher Song, der die Vielschichtigkeit von Springsteens Spätwerk unter Beweis stellt. Es ist ein Stück über Würde, Erinnerung und das, was jenseits der Grenze liegt – und eine wunderbare Einstimmung auf ein Album, das viele bislang überhörte Facetten des Boss endlich ans Licht bringt.